Kohorten sind den meisten eher als römische militärische Einheit bekannt, statt als analytische Betrachtungsweise der BI. Aktuell kursiert der Begriff „Kohorte“ vor allem in den Sozialwissenschaften. Es gilt hier, das Verhalten von Personenkreisen zu untersuchen, die durch ein gemeinsames Ereignis einer Gruppe – einer Kohorte – zugeordnet werden können. Diese definierte Gruppe wird nun mit anderen Gruppen verglichen, um somit entscheidende Verhaltenseinflüsse aufdecken zu können.

Allgemein beschmunzelt ist die „Kohorte“ der Nachkriegsmütter, die durch ein gemeinsames stark prägendes Ereignis, nämlich Verlust, Hunger und Überlebenskampf zum Ende des Weltkrieges ihr Verhalten signifikant änderten: Sie begannen zu horten, was sie in sicherlich geringerem Maße noch immer tun. Abgesehen von dem unschönen auslösendem Ereignis und dem Eselsbrückenartigen Wortspiel ist diese Kohorte sicherlich als eine der bekanntesten in die Geschichte eingegangen. Als weiteres Beispiel ist die 68er-Kohorte zu erwähnen, wobei sowohl das auslösende Ereignis – die stark Meinungsbildenden neuen Freiheiten – als auch die resultierenden Verhaltensänderungen prägenden Einfluss auf das Leben und die Politik hatten.

Diese Art der Betrachtungsweise übertragen in die normierte Welt der BI erlaubt aussagekräftige und vor allem auch statistisch relevante Bewertung gewisser Ereignisse. Unterschieden werden muss hier zwischen dem Begriff der „Zielgruppe“ und der „Kohorte“. Letztere hat immer einen klaren Zeitbezug, d.h. bei der Definition einer Kohorte ist immer eine zeitliche Angabe des gemeinsamen Ereignisses erforderlich.

Sehr plastische Beispiele für die Interpretation und Bewertung von Kohorten sind im eCommerce zu finden. So werden beliebige Kunden für eine Marketing-Kampagne ausgewählt. Dabei kann es sich um ein informatives oder emotionales Mailing handeln, um Gutscheine, Boni, Prämien, kostenlose Produkte, etc. Nach Abschluss der Kampagne wird der durchschnittliche Folge-Umsatz oder gar ein durchschnittlicher Deckungsbeitrag innerhalb eines definierten Zeitraumes (z.B. vier Monate) dieser Gruppe errechnet. Diese Kennzahlen der Kampagnen-Gruppe – der zu betrachtenden Kohorte – werden dann mit anderen Gruppen (oder der Gruppe der Nicht-an-der-Kampagne-Teilnehmer) verglichen. Ist der Umsatz/DB signifikant höher, kann davon ausgegangen werden, dass die Kampagne (das gemeinsame Ereignis) zu einer positiven Verhaltensänderung geführt hat.

Weiteres und einfacheres Beispiel aus dem eCommerce in die Betrachtung der Kohorten rein auf Basis des Registrierungsdatums auf eCommerceplattformen. So wird erkennbar, inwieweit die Kohorte der Kurz-vor-Weihnachten-Registrierer effizientere Kunden sind als die Anderen (Irgendwann-Registrierer). Ist das so, erscheint es sinnvoll, die Menge einer zukünftigen ähnlichen Kohorte so groß wie möglich zu machen – durch Forcierung von Marketingmaßnahmen in diesem Zeitraum.

Die Aufbereitung entsprechender Analysen ist je nach Grad der Generalisierung nicht ohne, denn es bedarf hier der Vorhaltung sowohl potenzieller Ereignisse als auch der resultierenden Verhaltensindikatoren. In den allermeisten Fällen ist es sinnvoll, derartige Analysen auf Basis effizienter multidimensionaler Datenbanken in Kombination mit einem Stammdatenmanagement zu realisieren, entsprechend dynamische Berichts- und Analysewerkzeuge beflügeln direkt die Fachabteilungen. Offen ist die Frage, inwieweit Unternehmen, die derartige Analysen vornehmen, erfolgreicher sind als andere. Nicht offen ist die Tatsache, dass diese Unternehmen hinsichtlich ihrer steuernden Entscheidungen deutlich fundierter als die Gruppe der Nicht-Analysten arbeiten können.

Herzlichst,

Torsten Katthöfer